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Toter und Verletzte bei erneutem Übergriff auf Roma in der Ukraine

25.06.2018

Toter und Verletzte bei erneutem Übergriff auf Roma in der Ukraine

Seit Ende April eskaliert die Gewalt gegen Roma in der Ukraine immer weiter. Vorgestern wurde ein Mann bei einem weiteren romafeindlichen Angriff getötet.

Nach Informationen der AFP sind am 23. Juni bei einem Überfall auf ein Roma-Lager in der Westukraine ein 24-jähriger Mann getötet und vier weitere Menschen verletzt worden. Vermummte griffen das Lager nahe der Stadt Lwiw mit Baseballschlägern und Messern an, wie die Regionalpolizei am Sonntag mitteilte. Sieben mutmaßliche Beteiligte seien festgenommen worden. Eine Frau, ein Mann und ein zehnjähriger Junge seien mit Stichverletzungen in Krankenhäuser gebracht worden. Die mutmaßlichen Täter seien zwischen 16 und 20 Jahre alt. Ob die Angreifer Teil einer radikalen Vereinigung sind, blieb zunächst unklar.

Am Mittwoch, 27. Juni, findet von 14.00 bis 15.30 Uhr eine Mahnwache vor der Ukrainischen Botschaft statt. In enger Zusammenarbeit mit dem Berliner Verein RomaTrial e.V. hat die Berliner LINKE nach Bekanntwerden dieses neuesten und bisher schlimmsten Gewaltaktes gegen Roma in der Ukraine eine Mahnwache angemeldet. Eine öffentlich wirksame Aktion ist dringend nötig. Es ist wichtig, dass möglichst viele Parteien, Organisationen, Initiativen und Einzelpersonen dort am Mittwoch sichtbar vertreten sind.

Hintergrund – Rückschau der Ereignisse
Am 21. April verübten Extremisten nahe der ukrainischen Hauptstadt gewaltsame, pogromartige Übergriffe gegen Roma. Die Neonazis vertrieben 15 Familien, darunter Kleinkinder, aus ihren notdürftigen Zelten und bewarfen sie mit Steinen. Das Hab und Gut der Roma wurde angezündet. Der Anführer der ukrainischen rechtsextremen Gruppe S14 prahlte auf Facebook mit Fotos der brennenden Unterkünfte.

Der Chef der Polizei stritt den Vorfall – trotz der von den Tätern selbst veröffentlichten Beweise – zunächst ab. Es habe sich nicht um gezielt gegen Roma gerichtete Gewalt, sondern um eine allgemeine Aufräumaktion, einschließlich der Verbrennung von Müll, gehandelt. Dass die Polizei sich am 25. April schließlich doch entschloss, den Angriff auf das Roma-Lager zu untersuchen, unterstreicht den Ernst der Lage.

In der Nacht vom 9. auf den 10. Mai brannten etwa 30 maskierte Männer eine Roma-Siedlung bei Lemberg nieder.

Am 22. Mai überfielen 20 – teils minderjährige – Personen mit Schusswaffen einen Roma-Tabor (sieben Erwachsene und ungefähr 30 Kinder) bei Ternopil.

Am 7. Juni zerstörten Angehörige der »Nationalbürgerwehr« im Holosiwskyi-Park in Kiew ein Romalager. Die Tat wurde gefilmt und auf Facebook übertragen. Am 6. Juni haben sie den Roma aus Holosiwskyi-Park auf Facebook ein Ultimatum eingeräumt, ihre Siedlung innerhalb von 24 Stunden zu räumen. »Wenn die Polizei nicht handelt, übernimmt die Nationalbürgerwehr die Kontrolle«, schrieben sie dazu. Die Polizei ermittelt erneut wegen »groben Unfugs«.

Die »Nationalbürgerwehr« wurde im Januar 2018 durch die Veteranen des rechtsradikalen »Asow-Regiments« ins Leben gerufen, das in dem Ukrainekrieg gegen prorussische Separatisten kämpfte. Das selbsterklärte Ziel der »Nationalbürgerwehr« ist es, die Straßen „vom illegalen Alkohol, Drogendealern und illegalem Glücksspiel“ zu säubern.

Bereits nach dem ersten Angriff am 21. April haben Uwe Neumärker, Direktor der Stiftung Denkmal für die ermordeten Juden Europas, und Hamze Bytyci vom Berliner Verein RomaTrial e.V. einen Brief an den ukrainischen Botschafter gerichtet, und die ukrainische Regierung dazu aufgefordert, »solche barbarischen Übergriffe nicht zu dulden und alles in ihrer Macht stehende zu tun, dass sich betroffene und alle anderen Roma in der Ukraine sicher fühlen können«. In seiner knappen Antwort versicherte der Botschafter, solche Vorfälle seien für die Ukraine inakzeptabel und die Handlungen seien vom Innenminister bereits verurteilt wurden. Die Stiftung Denkmal hat am 13. Juni erneut einen Brief geschickt, in dem sie auf die weiteren Angriffe aufmerksam macht. Die Antwort bleibt aus.

Neumärker und Bytyci haben im Sommer 2015 das Bündnis für Solidarität mit den Sinti und Roma Europas ins Leben gerufen. Hamze Bytyci zu dem jüngsten Vorfall »Die Übergriffe treffen die allerschwächsten der Gesellschaft. Roma sind in vielen europäischen Ländern benachteiligt, ausgegrenzt und erleben tagtäglich Diskriminierungen. Dieser Rassismus hat jetzt eine neue, unfassbare Dimension erreicht. Wir protestieren entschieden und appellieren an die ukrainische Justiz und Strafverfolgungsbehörden, den Pogrom und andere Gewalttaten gegen Roma mit aller Energie und der vollen Schärfe des Gesetzes zu ahnden«.

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Sarah Rosenau
Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
Bündnis für Solidarität mit den Sinti und Roma Europas
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