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Kommentar: Neuköllner Ladenbesitzerin will Roma den Zutritt zu ihrem Geschäft verbieten – weil sie zu oft bestohlen worden sei

02.06.2016

Ein gemalter roter Kreis, in dem durchgestrichen »Roma« zu lesen ist. Soll heißen »Für Roma verboten«, unmissverständlich. Dazu ein handgeschriebener Text, in dem die Verfasserin Roma eine »auf Raub und Betrug spezialisierte Bevölkerungsgruppe« nennt, zugleich aber behauptet »Das ist kein Rassismus. Nur was zu viel ist, ist einfach zu viel.« Sie sei zu oft bestohlen worden, so die Inhaberin eines Neuköllner Ladens für Esoterikartikel.

Ein Ladenverbot, das sich pauschal gegen Roma richtet und die gesamte »Bevölkerungsgruppe« für kriminell erklärt? Was soll das sein, wenn kein Rassismus? Dieses Ladenverbot ist Antiziganismus – Rassismus gegen Roma – in einer neuen Qualität. Diebstahl ist ein Vergehen, fraglos. Doch eine ganze Volksgruppe unter Generalverdacht zu stellen, ist menschenverachtend und in höchstem Maße diskriminierend.

Schätzungen zufolge stellen Roma mit bis zu 12 Millionen Menschen Europas größte Minderheit. Sie erleben auf dem gesamten Kontinent Ausgrenzung, Benachteiligung und Gewalt. Viele leben in bitterer Armut. Es gibt aber auch viele erfolgreiche Roma und Sinti, die aus Furcht vor Diskriminierung ihre Zugehörigkeit zur Minderheit verschweigen.

Der Musiker, Grünenpolitiker und Geschäftsführer der Hildegard-Lagrenne-Stiftung für Bildung, Inklusion und Teilhabe von Sinti und Roma in Deutschland, Romeo Franz, ist so einer: erfolgreich. Er geht offen mit seiner Herkunft als deutscher Sinto um. Romeo Franz ist auch Gründungsmitglied des Bündnisses für Solidarität mit den Sinti und Roma Europas. Er hat den Laden besucht und versucht, mit der Besitzerin zu reden, stellte sich vor und fragte, ob sie mit ihrem Verbot auch ihn meine. »Diese Personengruppe wird hier nicht bedient, Ende der Diskussion «. Er bat die Frau, das Schild zu entfernen, sie weigerte sich. Leider keine neue ganz Erfahrung für Romeo Franz. Auch die seit Jahrhunderten hier beheimateten deutschen Sinti machen ähnliche Erfahrungen. Gastronomen verwehren ihnen den Zutritt zu ihren Restaurants, Vermieter lassen sie ganz unverblümt wissen, für »solche Leute« hätten sie keinen Platz.

Mit dem Ladenverbot wurde eine Grenze überschritten. Romeo Franz will das nicht hinnehmen. Er fürchtet, es könne Nachahmer finden. Was kommt als nächstes? Spielplatzverbote für Romakinder? Bei Franz weckt das Schild schlimme Assoziationen: Verboten gegen Juden während des Nationalsozialismus oder gegen Schwarze in den USA bis in die 1960er Jahre und in Südafrika während der Apartheit. So etwas möchte er in Deutschland nie wieder erleben.

Foto: Michael Koerner

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Sarah Rosenau
Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
Bündnis für Solidarität mit den Sinti und Roma Europas
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